Vier Neu-Mitglieder durfte der SPD Ortsverein Wasserburg am 07.05. im Rahmen seines Stammtischtreffens im „Café Central“ begrüßen, der erneut sehr gut besucht war. Neben dem ersten „Beschnuppern“ stand ein hochaktuelles und brisantes Thema auf der Tagesordnung: das Bauvorhaben auf dem Gelände der ehemaligen Essigfabrik und das Bürgerbegehren der Linken Liste Wasserburg.
Ein Thema, bei dem sicher bei vielen gestandenen Sozialdemokrat/innen ganz grundsätzliche Zweifel aufkommen könnten: Ist es nicht untragbar, Grund und Boden der öffentlichen Hand an einen privaten Investor zu verkaufen, geradezu Verschleuderung von städtischem Vermögen zugunsten des Profits eines Unternehmers? Diese Bedenken wurden von anwesenden Ortsvereinsmitgliedern durchaus pointiert formuliert und waren Anstoß zu einer regen und engagierten Debatte des Für und Widers.
„Ein Blick ins Gesetz verbessert die Rechtskenntnis“ – so ein in Justiz- und Verwaltungskreisen verbreitetes Bonmot. Nicht nur gesetzliche Vorgaben, auch die realen Gegebenheiten müssen die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung immer betrachten und beachten, um eine faktenbasierte Entscheidung treffen zu können. Das gilt auch für die Bürger/innen: Das Recherchieren von Fakten und Hintergründen ist anstrengend, es ist aber auch der einzige Weg, komplexe Sachverhalte in ihrer ganzen Tragweite ernsthaft zu erfassen. Bürgermeister Michael Kölbl, stellvertretender Fraktionssprecher Wolfgang Janeczka und Ortsvereinsvorsitzender Christian Peiker konnten den Anwesenden viele wertvolle Informationen zu den realen Abläufen und Planungen bzgl. des Bauvorhabens liefern, die dann auch rege diskutiert wurden.
Zentral ist die schnelle Schaffung neuen und bezahlbaren Wohnraums im Stadtgebiet, ein Herzensanliegen der Sozialdemokratie. Die Wasserburger SPD kann in diesem zentralen Aspekt der öffentlichen Daseinsfürsorge auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, insbesondere über langjährige Kooperationen mit Wohnungsbaugenossenschaften.
Für eine objektive Betrachtung ist wichtig zu wissen, dass die Schaffung von Wohnraum nicht als Pflichtaufgabe der Kommunen eingestuft ist. Die Finanzierung von Pflichtaufgaben muss für jede Gemeinde Vorrang haben, im Falle der Stadt Wasserburg werden in den nächsten Jahren diesbezügliche Aufwendungen in Umfang von über 50 Millionen Euro (Feuerwehrhaus, Wertstoffhof, Grundschule am Gries, Kläranlage) fällig werden. Die für eine Bebauung des „Burkhardt-Gelände“ in städtischer Hand anfallenden zusätzlichen mindestens 30 Millionen Euro sind in diesem Zusammenhang im Haushalt gesichert nicht darstellbar und müssten ggf. mit einer Streichung vieler anderer städtischer Errungenschaften und Subventionen ausgeglichen werden.
Die angedachte Umsetzung durch einen einzigen, in der Region gut verankerten und erfahrenen Bauträger, der zudem auch das nicht unerhebliche Risiko tragen würde, ist angesichts auch der personell starken Belastung der städtischen Bauabteilung für die Umsetzung der Pflichtmaßnahmen der beste Weg, um hier keine jahrzehntelange Brache mit wohnungsbaulichen Stillstand zu produzieren – so die einhellige Meinung aller Stadtratsfraktionen. Zu bedenken ist hier auch die Rückkaufoption eines Teils der neuentstehenden Wohnungen für die Stadt Wasserburg und die Möglichkeit, über die Bauleitplanung und ggf. vertragliche Vorgabe eines Anteils von sozial gefördertem Wohnraum (angedacht ist hier etwa die Hälfte der Wohnungen) Einfluss auf die Mietpreisstruktur zu nehmen.
Es besteht tatsächlich erheblicher Bedarf an günstigem, zusätzlichem Wohnraum, aber populistische Parolen ohne jede Sachkunde werden die Stadt hier nicht weiterbringen, so die einhellige Auffassung der Anwesenden nach diesem Gedankenaustausch. Ein erfolgreiches Bürgerbegehren, ein darauf ggf. erfolgreicher Bürgerentscheid könnte die Schaffung bezahlbaren Wohnraums auf viele Jahre komplett unmöglich machen.