Diskussion zur Sicherheitspolitik im Zeichen der Zeitenwende

01. Mai 2024

Im „Café Central“ fand am 30.04.2024 der gut besuchte offene SPD-Stammtisch zum Thema Sicherheitspolitik statt. Vorab hielten Christian Peiker und Dr. Martin Heindl hochinformative Impulsreferate, in denen insbesondere der Ukrainekrieg und seine Folgen im Zentrum stand.

Christian Peiker ordnete die historisch-politischen Hintergründe des Überfalls Russlands auf seinen Nachbarstaat ein, der unsere Gesellschaft wie kein anderes Ereignis der letzten Jahrzehnte in ihrem Selbstbewusstsein erschüttert und verändert habe. Alle diplomatischen Bemühungen, insbesondere die Initiativen Frankreichs und Deutschlands, den Krieg zu verhindern, waren zum Scheitern verurteilt. Die massiven wirtschaftlichen Verwerfungen, insbesondere den weitgehenden Einbruch des Handels mit Russland und die daraus resultierenden Preissteigerungen u.a. für Energie und Lebensmittel mussten sozial abgefedert werden, was der Bundesregierung weitgehend gelungen sei. Als Beispiele seien hier Strom- und Gaspreisbremsen, Erhöhung von Kinder-, Bürger- und Wohngeld, Energiepreispauschalen und steuerfreie Inflationsausgleichsprämien, Soforthilfen für die energieintensive Wirtschaft, die Erhöhung des Mindestlohns, Einführung des Deutschland-Tickets wie diverse steuerliche Entlastungen genannt.

Dr. Martin Heindl stellte verschiedene Thesen in den Raum, die Anlass zur Diskussion bieten sollten. Noch vor wenigen Jahren sei die Eskalation seitens Russlands, aber auch ein 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr für die Sozialdemokratie als Partei der Entspannungspolitik, für die meisten Sozialdemokrat/innen als traditionell Friedensbewegte undenkbar gewesen sei. Nun werde über die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder die Installation eines Veteranentags debattiert. Die geänderte Situation habe viele Menschen, die sich lebenslang für Frieden und gegen Nachrüstung engagiert hätten, sich gedanklich umorientieren lassen. „Si vis pacem para bellum“ – also „Wenn Du Frieden willst, bereite Dich auf den Krieg vor“, die Ertüchtigung der Bundeswehr und klare Abschreckung sei die einzige Möglichkeit, eine Ausweitung des blutigen Konflikts zu verhindern. Aktuell sei die Bundeswehr kaum in der Lage, Deutschland und das Bündnisgebiet zu verteidigen. Die gesellschaftliche Debatte bewege sich dabei zwischen den Polen von „Frieden um jeden Preis“ und „Freiheit um jeden Preis“. 60% der Bevölkerung seien gegen die Lieferung von Taurus-Raketen seitens Deutschlands, Deutschland trage nach den USA den zweitgrößten Anteil der militärischen Hilfen für die Ukraine, gleichzeitig werde aber der Bundesregierung Zögerlichkeit vorgeworfen.

Nach der kontroversen, gleichzeitig sachlichen Diskussion kann festgehalten werden, dass die Wasserburger Sozialdemokrat/innen sich über die Notwendigkeit, die Ukraine mit ausreichenden Waffenlieferungen zu unterstützen und so dem Diktator Putin klare Grenzen zu setzen, einig waren. Zentral ist die ausreichende Belieferung der ukrainischen Armee mit Munition, um sie in die Lage zu versetzen, ihr Territorium dauerhaft zu verteidigen. Eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr über die bisherige atomare Teilhabe hinaus, aber auch die Entsendung von NATO-Truppen wurde klar abgelehnt. Bezüglich der Lieferung von Taurus-Raketen war die Meinungslage gespalten. Entscheidend wird sein, die NATO und damit auch Deutschland aus direkten Kampfhandlungen herauszuhalten, dafür stünden Bundeskanzler Scholz genauso wie Bundesverteidigungsminister Pistorius ganz persönlich. Die Diskutanten waren sich einig, dass Friedensverhandlungen mit dem russischen Unrechtsregime Stand heute unvorstellbar erscheinen, auch angesichts der aktuellen militärischen Entwicklungen, diplomatische Bemühungen laufen permanent im Hintergrund. Letztlich wurde China als die einzige Kraft eingestuft, die ggf. ausreichenden Einfluss auf Russland ausüben könnte. Die Krise habe zum Zusammenrücken der Europäer und der gesamten NATO geführt, katastrophal könnte sich ein Wahlsieg von Donald Trump in den US-Präsidentschaftswahlen auswirken.

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